Konflikte: Die Grundlage des Gemeinsamen vergrößern
Neulich der Anruf einer gestressten Kundin: Ein von ihr betreuter Integrationsrat hat sich zerstritten. Und jetzt gibt es Zeitdruck, denn das Event, um das es bei dem Streit geht, steht vor der Türe. Dringend muss über Kooperationspartner und grundlegende Ausrichtung entschieden werden. Aber: Es haben sich zwei Lager gebildet und auf zwei diametral gegeneinander stehende Lösungen eingeschossen.
Die typische Konfliktkonstellation. Die Wortführenden bestehen auf ihrer jeweiligen Lösungsidee und die anderen Mitglieder haben sich einer der beiden Parteien zugeordnet. Und nun stecken sie fest. Die Gespräche knirschen. Verschärft durch Druck von außen, denn das politische Klima ruft gerade auch in anderen Konflikten dringend nach gemeinsamen Antworten. Und alle sind als Ehrenamtliche sowieso viel zu sehr belastet.
Was kann jetzt helfen?
Das Gemeinsame ins Bewusstsein bringen! Die Inhalte der Check-in-Runde sind dazu der Einstieg. Fragen wie: „Was ist Ihnen heute wirklich wichtig? Was muss hier geschehen, damit Sie diese Veranstaltung am Ende gelöst und zufrieden verlassen?“ helfen der Gruppe, ihrer Wünsche bewusst zu werden. Garantiert tauchen mehrere Gemeinsamkeiten auf. Eine ganz gewiss: dass sich alle eine Lösung wünschen. Als Facilitator spiegele ich am Ende diese Übereinstimmungen, damit die Erkenntnis der gemeinsamen Grundlage mehr Raum erhält, bei allen anzukommen.
Zweiter Schritt: Eine Analyse der Situation durch die Gruppe. Auch hier werden sich viele Gemeinsamkeiten finden. Allerdings nur, wenn alle Stimmen gehört werden und die Kontrahenten sich nicht in Diskussionen verstricken. Ich benutze dazu das Format „Felduntersuchung“. Es arbeitet im Rhythmus 1-5-alle. Im ersten Schritt notieren alle ihre Gedanken zu Licht und Schatten auf Post-its. Im hier behandelten Beispiel waren es die Stärken und Schwächen des Events in den vergangenen Jahren. Nach dem Verschriftlichen kommt das Vorstellen, nacheinander präsentieren die Teilnehmenden in ihren Kleingruppen (ideal zu fünft) ihre Gedanken. Passende Post-its werden zusammen angeordnet. Wichtige Moderationsanweisung: „Es geht hier nicht ums Diskutieren. Wenn Sie an einer Stelle konträrer Meinung sind – wunderbar. Kleben Sie ihr Post-it dann daneben, damit wir die Differenz sehen können.” Sind alle Kleingruppen fertig, gehen sie daran, die wichtigsten Aspekte ihres Gesprächs zu identifizieren. Anschließend präsentieren alle Kleingruppen diese Essenzen. Als Facilitator mache ich sie auf einer Pinnwand sichtbar.
Auf diese Weise hat die Gruppe eine Landkarte der gemeinsamen Situationseinschätzung entwickelt. Das Bild der Herausforderungen und der Wünsche ist nun deutlich differenzierter, die Polarisierung auf zwei Lösungen aufgeweicht. Eine gemeinsam getragene Lösung rückt näher …